Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Band 34

Leonie Meltzer 2021: „Wir wollten den Wahnsinn ausstellen!“- Ethnographisch-satirische Einblicke in den Habitus der Stadt München am Beispiel des „Spezialitätenladens“ Etcetera (= Münchner Ethnografische Schriften Bd. 34),München, 98 S, 978-3-8316-4881-8, 34,00 Euro

Was soll das denn? Eine Uhr, die rückwärts läuft, „ein Quadratmeter Freistaat Bayern“ als Handtuch, eine bayerische Ehrenweißwurst als Auszeichnung, T-Shirts mit Bekenntnissen, wie „Ich bin gegen alles“ oder „Ich ertrage nur das Glück“ oder ein Globus, der allein Bayern zeigt. Dazu die berühmtesten KarikaturistInnen und Satire-KünstlerInnen der Epoche wie Loriot, Janosch, Ungerer, Sempé oder Flora vereint in einer Wunderkammer. Im Jahr der Studentenbewegung, 1968, hatten Helmut und Meisi Grill die Idee „den Wahnsinn“ auszustellen. Sie gründeten den Souvenir- und Kuriositätenladen namens „Etcetera“, der auch „Spezialitätenladen“ oder „Anti-Supermarkt“ genannt wurde. Während der Bestehenszeit dieses Geschäft s von 1968 bis 2004 ist München geprägt von den Schwabinger Krawallen und Studentenrevolten, von sexueller Befreiung, dann Modernisierung und Technisierung. Die Nackerten tummeln sich im Englischen Garten und die Spider Murphy Gang besingt den „Sommer in der Stadt“. Helmut Dietl prägt die städtische Filmgeschichte, genau wie Rainer Werner Fassbinder. Auch Loriot, einer der größten deutschen Humoristen, und viele andere gehen in das kollektive Gedächtnis der Stadt ein. Diese kulturelle Codierung, die städtischen Eigenheiten und Artikulationen, die eingeschriebene Identität, verankern sich im Habitus der Stadt. Ausgehend von einer städtischen Spezifik behandelt die vorliegende Arbeit folgende Fragen: Inwiefern findet sich diese Spezifik Münchens im Souvenir- und Kuriositätenladen Etcetera wieder? Kann man, nach Rolf Lindner, gar einen Habitus der Stadt dort exemplarisch erkennen? Und mehr noch: Inwieweit sind die Verkaufsgegenstände während des Bestehens des Ladens Ausdruck eines stadttypischen „Zeitgeistes“? Inwieweit können Orte, wie ein derartiger Spezialitätenladen, mit seinen Gegenständen und Verkaufsobjekten kulturelles Wissen transportieren?

Weitere Informationen unter: Utz Verlag