Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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FEMINISTISCH VERÄNDERN: Räume, Kämpfe und Debatten in München

femistisch verändern 1

© Bild: Barbara Donaubauer, studio mllr 

In Bezug auf feministische Errungenschaften und Gleichberechtigung gibt es in dieser Zeit sehr unterschiedliche Gesellschaftsdiagnosen: Die Rede ist von einem Backlash und einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse – gerade in Zeiten der Pandemie (Allmendinger 2020), von einem postfeministischen Zeitalter im Sinne einer Phase der vermeintlich erreichten Gleichberechtigung, in der Feminismus nicht mehr benötigt werde (McRobbie 2010), von einer Neoliberalisierung des Feminismus, wodurch dieser im Mainstream angekommen, jedoch seines emanzipatorischen Anliegens beraubt wurde (Rottenberg 2018). Zu beobachten sind außerdem sowohl ein Erstarken transnationaler feministischer Bewegungen als auch ein weltweiter gesellschaftlicher Rechtsruck (Wichterich 2003), der sich sowohl durch einen offen artikulierten Antifeminismus als auch durch die Vereinnahmung feministischer Anliegen für rassistische und nationalistische Politiken zeigt (Hark/Villa 2017). All diese Tendenzen sind vorhanden und zeugen von einer Gleichzeitigkeit widersprüchlicher gesellschaftlicher Entwicklungen. Der Ausgangspunkt dieses Forschungs- und Ausstellungsprojekts war deshalb die Frage, wie sich die genannten gesellschaftlichen Tendenzen und Herausforderungen in konkreten lokalen Räumen, Kämpfen und Debatten feministischer Akteur*innen zeigen und im Alltag ausgehandelt und bearbeitet werden. Dabei konzentrierten wir uns im Rahmen des Masterstudiengangs Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU München in Kooperation mit der Frauenakademie München beispielhaft auf München: Welche feministischen Bewegungen, Initiativen und Gruppen gibt es gegenwärtig in der Stadt, wie gestaltet sich ihre politische Praxis und was bedeutet für sie Feminismus?

In der Zeit von Sommer 2020 bis Frühjahr 2021 entstand daraus die digitale Ausstellung „FEMINISTISCH VERÄNDERN: Räume, Kämpfe und Debatten in München“. Die von den Studierenden ausgewählten und ethnografisch untersuchten Beispielfelder sind vielfältig und spannungsreich: Sie reichen von Protest und Bewegungsalltag aktivistischer Gruppen wie Ni Una Menos Munich, Slutwalk, catcallsofmuc und der Anti-sexistischen Aktion München (ASAM) über Initiativen für mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung von Care-Arbeit, dem politischen Engagement von Frauen mit Behinderung und Praktiken eines feministisches Online-Magazins bis hin zu profeministischer Jungenarbeit, feministischen Interventionen in der Technoszene und den Strategien von Unternehmensgründerinnen für ökonomische Selbstständigkeit. Gleichwohl stellen sie nur einen Ausschnitt des breiten und vielschichtigen Feldes von Akteur*innen und aktuellen Feminismen in München dar. Vorgestellt werden vergleichsweise junge Initiativen, die lokal verortet sind. Jedoch sind ihre Diskurse keineswegs münchenspezifisch, sondern reichen weit über Stadt- und Landesgrenzen hinaus. Das Kaleidoskophafte der Auswahl kommt auch in der Gestaltung der Online-Ausstellung zum Tragen: Die Räume stehen gleichberechtigt nebeneinander und ordnen sich bei jedem Besuch neu an.

Zur Ausstellung: www.feministisch-veraendern.de

Kontakt: info@feministisch-veraendern.de

Projektleitung: Dr. Birgit Erbe und Dr. Miriam Gutekunst

Grafik: Carina Müller und Marisa Müller von studio mllr

Projektteam: Simone Beigel, Theresa Brunnhuber, Enea Cocco, Helena Eisenburg, Felix Gaillinger, Georg Gampenrieder, Ilona Gerdom, Elena Höck Ciprés, Anna Klaß, Michaela Kugler, Laura Lefèvre, Noreen Osterlehner, Alina Siewert, Kerstin Thost, Elena Zendler

Finanzielle Förderung: Lehre@LMU und Münchner Universitätsgesellschaft

Literatur:

Allmendinger, Jutta (2020): „Frauen werden entsetzliche Retraditionalisierung erfahren“. In: Anne Will, Sendung am 03.05.2020 bei ARD. Das Erste. (01.03.2021)

Hark, Sabine/Villa, Paula-Irene (2017): Unterscheiden und Herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld.

McRobbie, Angela (2010): Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden.

Rottenberg, Catherine (2018): The Rise of Neoliberal Feminism. Oxford.

Wichterich, Christa (2020): Die neue feministische Welle: Brücken bauen, Kämpfe verbinden. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2020, S. 67-72.