Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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10.11.2020 Friederike Faust (Humboldt-Universität zu Berlin)

Feminismus und Fußball: Über politische Metamorphosen und die Lücken im paraethnographischen Wissen am Beispiel von Frauenfußballaktivistinnen

Dienstag, 10.11.2020, 18 Uhr c.t., digital über Zoom

Die Geschlechterverhältnisse sind in Bewegung geraten. Mit dem Fußball haben feministische Kritik und Politik nun auch jene Domäne erreicht, die lange als eine der letzten Bastionen männlicher Herrschaft galt. Im Zentrum meines Vortrags steht die Frage nach den Möglichkeiten feministischer Interventionen, ihren Bedingungen, Komplizenschaften und Grenzen in einem gesellschaftlichen Feld, das durch die verkörperten Kategorien von Geschlecht und Leistung organisiert ist. Diese diskutiere ich anhand empirischer Beispiele aus meiner mehrjährigen ethnographischen Feldforschung bei einer Berliner Frauenfußballorganisation.
Ich zeige erstens, wie die Geschlechterverhältnisse des Fußballs feministisch umgearbeitet werden. Anhand der zentralen politischen Strategien sozialer Bewegungen, dem Stellen von Forderungen und dem Präfigurieren von Utopien, arbeite ich heraus, wie Aktivistinnen zwischen vermeintlich widersprüchlichen feministischen Positionen, Gestalten und Zukünften oszillieren. Zweitens schlage ich vor, diese beständige Beweglichkeit zwischen verschiedenen Feminismen selbst als Modus politischen bzw. feministischen Handelns in den multizentrischen Machtgefügen spätmoderner Demokratien zu begreifen. Doch warum wird dieser „strategische Pluralismus“ (Davina Cooper 1995) von den Aktivistinnen selbst als unaufrichtig, gar defizitär wahrgenommen? Ich untersuche, drittens, welche normativen Vorstellungen von politischem Handeln im feministisch-aktivistischen Feld wirkmächtig sind. Hier zeigt sich, wie kulturanthropologisches Wissen in jene Felder zurückkehrt, in denen es produziert wird, und sich dort mit Moralen und Politiken zu normativen Klassifikationen verzahnt. Die Kulturanthropologie feministischer Bewegungen sollte daher nicht nur die politische Praxis fokussieren, sondern auch fragen, wie sich das von ihr produzierte Wissen an dieser beteiligt.