Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Wem gehört die Straße? Urbane Aushandlungen um Mobilität und Raumnutzung im Kontext der ‚Verkehrswende‘ als gesellschaftlicher Transformationsprozess (DFG, 2023-2028)

Das Projekt leistet einen ersten kulturanthropologisch fundierten Beitrag zum Verständnis der „Verkehrswende“ als vielgestaltig ausgehandelter und vergegenständlichter Transformationsprozess in urbanen Kontexten. Am Beispiel der Stadt München erforscht das zwischen ethnologischer Stadtforschung, wissenssoziologischer Diskursanalyse, empirischer Zukunftsforschung und soziologisch-geografischer Verkehrsforschung situierte Projekt, (1) wie vor dem Hintergrund vieldimensionaler Wissensordnungen konkurrierende Wirklichkeits- und Zukunftsdeutungen um die Themen Mobilität und Raumnutzung in heterogenen, hierarchisch angeordneten und miteinander interagierenden Ebenen und Praxisfeldern hervorgebracht, transformiert, performed und materialisiert werden; wie also spezifische Akteur:innengruppen nach bestimmten Regeln argumentative Strategien (re-)produzieren und in Leitbildern, Programmen, materialbasierten Infrastrukturierungen etc. zum Ausdruck bringen. (2) Zweitens fragt das Projekt nach gegenwärtigen Entwicklungen des gebauten Stadt- und Straßenraums als dynamische, sozial konstruierte Materialisierung und als voraussetzungsvolle Rahmung vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Aushandlungsprozesse. (3) Drittens untersucht es die bedeutungs- und handlungsgenerierenden Funktionen soziomaterialer Konstellationen (als heterogene Vernetzungen von Akteur:innen, Praktiken, materialbasierten Infrastrukturen und moralischen Ordnungen), insofern diese konkurrierende Wirklichkeits- und Zukunftskonstruktionen zu städtischer Mobilität und Raumnutzung hervorbringen, herausfordern, reproduzieren, transformieren und vergegenständlichen und folglich an der Herstellung und Veränderung gesellschaftlicher Wissensvorräte beteiligt sind. Ebenfalls wird untersucht, wie diese von Affordanzen durchzogenen Arrangements einen Wandel von (mobilitätsbezogenen) Alltagspraktiken und Motivationen begünstigen oder einschränken und durch veränderte Nutzungsweisen wiederum selbst transformiert werden.

In methodisch-konzeptueller Hinsicht zielt das Projekt darauf ab, prozessorientierte (stadt-)ethnologische Ansätze mit den Instrumenten der wissenssoziologischen Diskursanalyse zusammenzuführen, um eine ausdifferenzierte Methodik des „studying through“ weiterzuentwickeln. Es wird aufgezeigt, wie sich Wissensordnungen im Transfer zwischen verschiedenen gesellschaftlichen (Macht-)Ebenen und Praxisfeldern analysieren lassen, wie sie durch soziomateriale Netzwerke aus Handlungen, Maßnahmen, Architekturen, Infrastrukturen, Performanzen, Subjektivierungen etc. hervorgebracht bzw. vergegenständlicht werden und wie die Beschaffenheit dieser Vernetzungen selbst auf multidimensionale Wissensordnungen zurückwirkt.

Durch das Sichtbarmachen konkurrierender Bedürfnis- und Zukunftskonstruktionen experimentiert das Projekt mit zukunftsgestaltenden Möglichkeiten des Forschens und trägt zu einem reflexiven Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Politik und (zunehmend polarisierter) Öffentlichkeit bei.

Projektleitung:
Prof. Dr. Christiane Schwab 

Wissenschaftliche Mitarbeit:
Alina Becker, M.A.

Wissenschaftliche Hilfskraft:
Eva Eichlinger