Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Julian Hörner: Beobachtungen in der Münchner Jamszene – Transkulturelle Begegnungen im Hobbymusikerbereich?

Die aus der Tradition des Jazz stammenden, Jamsessions bilden in der Musikerszene ein wichtiges Forum für Instrumentalisten, um Kontakte zu knüpfen und ihr Spiel bei der freien Improvisation zu verbessern. Dabei fällt auf, dass das freie Musizieren weitestgehend unabhängig von sprachlichen Mitteln auskommt. Sprachliche und kulturelle Hürden scheinen also bei der Begegnung zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe im kommunikativen Regelsystem Musik ausgehebelt werden zu können. Der Aufsatz basiert auf einer Feldforschung, die in verschiedenen Musiklokalen Münchens, in denen regelmäßig Jamsessions stattfinden, durchgeführt wurde. Der forschungsleitenden Frage nach einem interkulturellen Dialog auf diesen Sessions, wurde dabei in Form von Interviews und teilnehmender Beobachtung nachgespürt. Im daraus resultierenden Aufsatz wird dem Leser vor Augen geführt, dass aus dieser Szene nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen, sondern auch neue transkulturell zu verortende Musikstile entwachsen. Die als Aushandlungsraum gedeuteten Sessions geben den Akteuren die Möglichkeit, sich kulturell zu verorten und über die Musik hinausgehende Kontakte zu knüpfen. Trotz einer von seiten der Musiker gerne für sich in Anspruch genommenen Weltläufigkeit, bei der ethnische Herkunft angeblich keine Rolle spiele, ließen sich im Zuge der Forschung aber auch eine Reihe von Konflikten wahrnehmen, die von den Musikern  als ethnisch motivierte Konflikte interpretiert wurden. Aber nicht nur die Seite der produzierenden Musiker wurde in den Blick genommen, sondern auch die Seite der Rezipienten. Das sich in der breiten Öffentlichkeit hartnäckig haltende Bild von „genuin schwarzen“ Musikstilen, wird aus seiner historischer Perspektive, sowie in seiner Bedeutung für die Akteure im Feld zu beleuchten versucht. Aufgrund der untersuchten Quellen und der Erfahrungen aus dem Feld kommt der Autor zu dem Schluss, dass bei globalen, hybridisierten Musikstilen wie dem Jazz, ein Diskurs um ‚Blackness‘ und die Vorstellung von einem ‚Raub kulturellen Eigentums‘ zugunsten einer schon von Ian Chambers formulierten These der kulturellen Kontamination aufgegeben werden muss.