Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Nana Koschnick: Stabilität trotz Mobilität? Alltag unter den Bedingungen räumlicher Mobilität am Beispiel von Artisten und Zirkusleuten

Längst sind die Mobilität von Menschen und die daraus resultierenden Konsequenzen für wissenschaftliche Konzepte und Fragestellungen zu einem Leitthema der Kultur- und Sozialwissenschaften geworden. In Anlehnung an den wissenschaftlichen Diskurs um Mobilität in der Spätmoderne gehe ich der These nach, ob Flexibilität, die aufgrund der Mobilität für die praktische Lebensbewältigung notwendig geworden zu sein scheint, notgedrungen zu einem Verlust an lebensweltlicher Stabilität führt, wie es in der wissenschaftlichen Diskussion häufig konstatiert wird.Wie wirkt sich Mobilität auf die Ausgestaltung subjektiver Lebenswelten aus und wie gestaltet sich der alltagspraktische Umgang mit ihr, wenn sie nicht als ein Sonderfall aus dem Alltag hervortritt, sondern den Normalfall darstellt? Welchen Einfluss hat sie auf die Bildung sozialer Netzwerke und Prozesse der Kulturproduktion? Um diese Fragen dreht sich das Erkenntnisinteresse des Aufsatzes, wenn er ethnographische Einblicke in die Erfahrungs- und Lebenswelten von Akteuren einer traditionell räumlich hoch mobilen Berufsgruppe gibt: die der Artisten und Zirkusleute.Materialgrundlage für die Analyse bilden Interviews, die mit acht Protagonisten dieser Berufsgruppe geführt wurden. In Auszügen wird auf dieser Basis ein Mobilitätsportrait entworfen, das die höchst mobile Lebensführung der Akteure als ein Erfahrungsraum fern der wissenschaftlich konstatierten „Liquiditätsmetaphorik“ entpuppt: Mobilität führt bei den vorgestellten Protagonisten nicht zwangsläufig zur Auflösung herkömmlicher, vermeintlich als fest oder stabilisierend erachteter Strukturen. Im Alltag der Protagonisten zeigt sich Mobilität vielmehr als ein Wechselspiel zwischen Stabilität und Flexibilität. Die strukturellen Rahmenbedingungen des Berufsfeldes und insbesondere die von den Akteuren entwickelten Handlungsstrategien erzeugen dabei Stabilität nicht trotz, sondern gerade wegen der Mobilität.