JULIA GROHS: "Als Zeitarbeiter ist man ganz allein"

Austausch in einem Zeitarbeitertreff über die prekäre Beschäftigungsform Zeitarbeit.

Es gibt keine einheitliche Meinung zum Thema Zeitarbeit. Zwischen den Polen „moderne Sklaverei“ und „freiheitsverheißende Beschäftigungsform“ ist eine Vielzahl von  Meinungsschattierungen und Erfahrungen möglich. Ebenso schwankt der öffentliche Diskurs zwischen Abwertung als „Arbeit zweiter Klasse“ und Glorifizierung in der Ratgeberliteratur. Inmitten dieses Diskurses stehen die ZeitarbeitnehmerInnen selbst, die eine ebenso heterogene Gruppe bilden, wie die Meinungen zum Thema vielfältig sind. Die Autorin verfolgte und führte Gespräche und Diskussionen in einem monatlichen Zeitarbeitnehmertreff. Dabei kristallisierten sich, trotz aller Heterogenität der Teilnehmer bezüglich ihrer beruflichen Qualifikation, gruppenintern teils ähnliche Vorteile und Probleme mit der prekären Beschäftigungsform heraus.

Die Zeitarbeitnehmer versuchen sich mit der gegebenen Situation nach der Devise „Hauptsache nicht arbeitslos“ zu arrangieren und die Hoffnung auf eine Festanstellung aufrecht zu erhalten. Dabei hilft es ihnen, die ständigen, erzwungenen Arbeitsplatzwechsel als alltäglich zu betrachten. Die Unzufriedenheit mit ihrer Gesamtsituation zeigt sich allerdings unter anderem daran, dass in den Gesprächen die Lohndifferenz zu den Festangestellten und die knappe freie Zeit neben der Arbeit thematisiert wurden. Der Zeitarbeitertreff ermöglicht ihnen – sie gehören ja keiner Stammbelegschaft an, in denen kollegiale Strukturen aufgebaut werden können – eine andere Form von Solidarisierung, bei der sie nicht nur ihren mangelnden Anschluss an Informationen, sondern auch Verunsicherungen und fehlende Zugehörigkeit teilweise kompensieren oder zumindest reflexiv bearbeiten können.

Siehe auch:

Grohs, Julia (2010): „Als Zeitarbeiter ist man ganz allein“ – Austausch in einem Zeitarbeitertreff über die prekäre Beschäftigungsform Zeitarbeit. In: Irene, Götz/Huber, Birgit/Kleiner, Piritta (Hg.): Arbeit in neuen Zeiten. Ethnografien zu Ein- und Aufbrüchen. München, S.67-77.
Buchvorschau (Utz Verlag)

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