MANUELA HÖLLMÜLLER: "Die ersten, die geflogen sind, waren die Leiharbeiter"

Kurzarbeit in einem Maschinenbaubetrieb im Chiemgau während der Wirtschaftskrise

Das Dorf Übersee am Chiemsee ist der Standort der Zweigstelle des weltweit ältesten Motorenherstellers Klöckner Humboldt Deutz AG. In dem traditionsreichen Unternehmen sind seit Generationen Männer  aus dem Ort und den umliegenden benachbarten Dörfern als Facharbeiter beschäftigt und stellen im Recyclingverfahren aus Altmotoren von Kunden aus aller Welt neuwertige Motoren her. In Folge der weltweiten Wirtschaftskrise, hat die Geschäftsführung des Konzerns in Köln seit Februar 2009 Kurzarbeit für das Überseer Werk beschlossen. Die Reportage zeigt anhand von Porträts einzelner Arbeiter an ihrem Arbeitsplatz, wie sich die Krise und die Kurzarbeit auf ihr Leben auswirken.

Durch die Kurzarbeit, die als „lebenskritisches Ereignis“ in das Leben der Arbeiter trat, wurden nicht nur materielle Ängste, zum Beispiel vor Lohnkürzungen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes infolge der drohenden Schließung des Werks, ausgelöst. Auch ihre Planungshorizonte hatten sich verengt: Unsicherheiten wurden deutlich, zum Beispiel in der Frage, ob man sich beruflich noch einmal umstellen oder neu orientieren könnte, und wie es mit dem Betrieb, der den Arbeitern und ihren Familien seit Generationen Wohlstand und Identität verleiht, weitergeht. Das Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins spiegelt die Abhängigkeit der Arbeiter von den Beschlüssen der Konzernleitung andernorts und, grundsätzlicher, von der in der Krise stagnierenden Absatzentwicklung. Das Thema Kurzarbeit hängt (bist heute) wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen.

Siehe auch:

Höllmüller, Manuela (2010): „Die ersten, die geflogen sind, waren die Leiharbeiter“ – Kurzarbeit in einem Maschinenbaubetrieb im Chiemgau während der Wirtschaftskrise. In: Irene, Götz/Huber, Birgit/Kleiner, Piritta (Hg.): Arbeit in neuen Zeiten. Ethnografien zu Ein- und Aufbrüchen. München, S. 55-66.
Buchvorschau (Utz Verlag)

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