Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
print

Links und Funktionen
Sprachumschaltung

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Martina Ahr: Abstract Dissertationsprojekt

Wirtschaftsmoral als politischer und sozialer Diskurs zur Entwicklung von legitimen Rahmenordnungen

Schon Adam Smith, der geistige Vater der Marktwirtschaft, hat festgestellt, dass sich Moral in der Wirtschaft dadurch verwirklichen lässt, dass Handlungsbedingungen formuliert werden und sich einzelne Handlungen an diesen Rahmenbedingungen orientieren müssen. Durch eine solche Rahmenordnung wird das Individuum in seinen Handlungen angeleitet und er kann so gesteuert werden. Solche Rahmenbedingungen entstehen aus Gesetzen, Wirtschaftsordnungen und weiteren (Selbst-)Verpflichtungen. Es muss ein Konsens über die Gestaltung der Rahmenbedingungen zwischen unterschiedlichen Alternativen gefunden werden, wobei diverse Interessensgruppen wie politische Parteien, religiöse Gemeinschaften, etc. auf diesen Konsensschluss Einfluss nehmen.  Diese Konstruktionen verlaufen über Aushandlungen zwischen mehreren Interessengruppen, ihren gemeinschaftlichen Diskurses über Moral sowie über eine öffentliche Wertreflexion.Es kommt zu einem kollektiven Dialog, in welchem sich viele unterschiedliche Stimmen artikulieren können, um eine demokratischere Gesellschaft zu schaffen. Die Gesellschaft konstituiert sich also weniger über gemeinsame Werte, sondern muss sich damit auseinandersetzen, überhaupt erst zu einem gemeinsamen Wertekonsens zu gelangen. Dieser Diskurs ist jedoch selbst schon aus einem Wertekanon heraus entstanden und verweist somit auf einen ständigen dialektischen Prozess der Werteproduktion. In der Öffentlichkeit thematisierte und diskutierte Konflikte verstärken die Suche nach einer solchen Wertebasis. Es wird ein Wettbewerb um moralische Vorherrschaft ausgetragen, welcher durch die Komplexität sowie Pluralität von unterschiedlichen Herleitungen von Werten sowie diversen Gewichtungen und Präferenzordnungen und daraus entstehenden Konflikten, aber auch Kompromissen entsteht. Zu untersuchen  sind wertgebundene Auseinandersetzungen, die auf politischer, sozialer und ökonomischer Ebene stattfinden. Anhand von Grundsatzprogramme von Parteien, Gewerkschaften, sowie Sozialenzykliken der katholischen Kirche lässt sich der Aushandlungsprozess nachzeichnen, um schlussendlich die Frage beantworten zu können, welcher Mechanismus hinter der öffentlichen Wertreflexion steht.