Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Christiane Schwab: Sevilla. Die kulturelle Textur der Stadt.

Städte werden von Bewohnern und Besuchern als atmosphärische Gebilde erfahren. Sie scheinen die Kraft zu haben, Menschen in ihren Bann zu schlagen – ebenso können sie uns abschrecken oder kühl zurückweisen. Alltagserzählungen aber auch Darstellungen in Film, Malerei und Literatur zeugen von der Wesenhaftigkeit von Städten im menschlichen Bewusstsein. Aus kulturwissenschaftlicher Perspektive sind die Stimmungen von Städten, wie sie sich u.a. in Mythen und Vorstellungsbildern niederschlagen, bislang allerdings nur wenig beschrieben und untersucht worden. Die ethnologische Stadtforschung richtet ihren Blick überwiegend auf Einzelphänomene im städtischen Kontext oder sie widmet sich dem homo urbanus schlechthin und versucht, die Spezifik seiner Seinsweise zu entschlüsseln. Dabei verschwinden die Städte selbst – in ihrer Eigenschaft als wirkmächtige, symbolische Gebilde und mit einer besonderen Entwicklungslogik – vielfach aus dem Blickfeld.

In Anlehnung an neuere Diskussionen in Humangeographie und Stadtsoziologie gehe ich davon aus, dass Städte in ein mehr oder weniger dichtes und zeitlich beständiges Bedeutungsnetz verstrickt sind, das seine eigenen Topoi, Figurenkonstellationen, narrative Plots und Ausdrucksmittel besitzt. Die Stadtbewohner und ihre Besucher situieren sich innerhalb dieses Geflechts und tragen mit ihren flüchtigen Gesprächen und Praktiken, vor allem aber mit ihren überdauernden kulturellen Äußerungen zu seinem Fortdauern und zu seiner Variation bei. In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Stadt Sevilla als Bedeutungsgewebe und ziehe dabei alltagssprachliche, mediale, literarische und materielle Repräsentationen der Stadt und ihrer Bewohner sowie die entsprechenden Praktiken als Quellen heran. Ausgehend von gegenwärtigen Stadtvorstellungen, die bisweilen weit in die Vergangenheit führen, entschlüssele ich repräsentative Orte, Personen, Handlungen, Zeiten und Geschichten der Stadt ebenso wie die teils heftigen Kontroversen, die sich um die Topoi kreisen. Das Ziel der Arbeit ist eine geordnete und methodologisch sowie theoretisch reflektierte Interpretation der kulturellen Textur Sevillas.