Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Noémi Sebök-Polyfka: Weibliches Altern im prekären (Un-)Ruhestand. Ethnografische Einblicke in Arbeit und Lebensführung von Frauen im Rentenalter in der Slowakei

Abstract Stand: Februar 2018

Betreuung: Prof. Dr. Irene Götz

In der deutschsprachigen Literatur werden Prekarisierungserfahrungen von Frauen aus postsozialistischen Ländern dann beleuchtet, wenn sie in westlichen Ländern als Care-Arbeiterinnen tätig sind. Literatur über diejenigen, die ihre Herkunftsländer nicht verlassen, sondern dort prekär leben und arbeiten ist kaum vorhanden.
In meinem Promotionsprojekt gehe ich der Frage nach, wie Frauen im Alter auf dem slowakischen Land leben. Welche Themen, Hoffnungen, Sorgen und Ängste bestimmen ihr alltägliches Handeln? Welche Zukunftsziele haben sie und was hilft ihnen dabei, diese zu erreichen? Gibt es eine Vorstellung vom „guten Altern“?
Zentralen Punkt der Dissertation stellen die Prekarisierungserfahrungen der Frauen im Rentenalter in der Slowakei dar. Diese Problematik ist in postsozialistischen Ländern kein unbekanntes Problem. Zugleich sind es genau ihre Stimmen, die im öffentlichen Diskurs fehlen. Die Inneneinsichten in die Lebensführung von Frauen im Rentenalter blieben bislang von der Gesellschaft und Wissenschaft unerkannt. Dies verhindert auch eine genauere Analyse der Dispositionen, die überhaupt erst zu der Prekarisierung ihrer Lebenslage im Alter führen.
Die Dissertation will diese Inneneinsichten ermöglichen, und so die genannten Akteurinnen sichtbar zu machen. Es wird erstens untersucht, wie sich Prekarität in der Lebenswirklichkeit der befragten Frauen beschreiben lässt. Zweitens, welche biographischen Gegebenheiten bei alleinstehenden Frauen in der Slowakei im Alter zur Prekarität führen. Drittens wird untersucht, wie sich Prekarisierungserfahrungen in der Rente auf die alltägliche Lebensführung dieser Frauen auswirken und welche Strategien sie zur Bewältigung der Prekarität entwickeln. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, durch welche Formen von Arbeit diese Frauen einem Statusverlust und der sozialen Exklusion vorzubeugen versuchen. Der Studie wird ein erweiterter Arbeitsbegriff zugrunde gelegt, der neben der Erwerbsarbeit auch andere Formen der Arbeit berücksichtigt, wie zum Beispiel Familienarbeit, Subsistenzwirtschaft oder verschiedene Formen der Tausch-Ökonomie. Biografische Erzählungen der Rentnerinnen sollen zudem offenlegen, welche Bedeutung Prekarität für sie hat.
Auch eine kritische Betrachtung des Begriffes „Postsozialismus“ wird Raum finden. Sicher haben auf das Leben im Alter in der Slowakei die Politiken und Vorstellungen der sozialistischen Vergangenheit heute noch einen Einfluss. So bestimmt die Rentenpolitik von damals die Einkommen der heutigen Rentnerinnen. Es stellt sich dennoch die Frage, ob hier noch zurecht von einem postsozialistischen Land die Rede sein kann und wie lange noch der Rückbezug auf die sozialistische Ära stattfinden soll. Es wird untersucht, ob sich ein sozialistisches Erbe in den Erzählungen wiederfindet.
Die kulturanthropologisch angelegte Dissertation entsteht auf der Grundlage von teilnehmenden Beobachtungen, informellen Gespräche und biographischen Interviews. Das empirische Material wird in mehreren kürzeren Feldaufenthalten gewonnen. Biographische Interviews stehen im Zentrum der Untersuchung. Die Gespräche werden mit alleinstehenden Frauen im Rentenalter geführt, die in einer ländlichen Region im Südwesten der Slowakei leben.
Die Dissertation ist mit dem von Prof. Dr. Irene Götz geleitetem DFG-Projekt „Prekärer Ruhestand. Arbeit- und Lebensführung von Frauen im Alter“ assoziiert und wird von der Heinrich-Böll-Stiftung gefördert.

Publikationen:

„Es schwebte immer vor ihren Augen, dass sie es mit einem Zigeuner zu tun haben“. Antiziganismus in der Slowakei und sein Einfluss auf die Lebenswelten von slowakischen Roma und Romnja. In: Irene Götz, Klaus Roth, Marketa Spiritova (Hg.), Neuer Nationalismus im östlichen Europa. Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Bielefeld: Transcript (Ethnographische Perspektiven auf das östliche Europa) 2017, S. 229-244.

Blog:
Frauen in der Slowakei. Ethnographische Perspektiven auf Arbeit und Lebensführung von Frauen (im Rentenalter): frask.hypotheses.org

Kontakt:
noemi.seboek@campus.lmu.de