Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Prekärer Ruhestand. Arbeit und Lebensführung von Frauen im Alter (2015 - 2019)

Forschungsprojekt, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG):
Laufzeit 01.01.2015-30.06.2019

Diese explorative Studie widmet sich einem brisanten gesellschaftspolitischen Problem: der Prekarisierungserfahrung von Frauen im Rentenalter. Wenngleich bekannt ist, dass zunehmend Frauen aufgrund ihrer Erwerbs- und Familienbiografien im Alter materiell nicht abgesichert sind, so wurden doch deren geleistete Formen der Bewältigung von (drohender) Altersarmut bislang kaum untersucht. Basierend auf biografischen Fallrekonstruktionen, soll vertieft ausgeleuchtet werden, (1) aufgrund welcher biografischer Verläufe und milieuspezifischer Dispositionen Frauen im Alter prekär, d.h. nicht ausreichend abgesichert (mit entsprechenden psychosozialen Folgeproblemen) leben und wirtschaften (2) welche Formen von „agency“, d.h. Handlungsmacht, sie aufbringen, um ihren Alltag und (drohenden) sozialen Abstieg nach der Rente zu bewältigen.
Ausgangspunkt sind Befunde, die nahelegen, dass sich geschlechtsspezifische Unterschiede im Rentenalter fortsetzen. Außerdem wird hier Bourdieus Konzept der Kapitalsorten, die je nach Stellung im sozialen Raum unterschiedlich verteilt sind, gefolgt, wenn das Sample zum einen aus abstiegsgefährdeten Frauen aus der Mittelschicht gebildet wird und zum anderen aus Frauen aus einem unterprivilegierten Milieu. Es wird gefragt, inwiefern die milieuspezifische Zusammensetzung der Kapitalien jeweils unterschiedliche Voraussetzungen bietet, Altersarmut zu bearbeiten.


Die Untersuchung basiert auf biografischen Interviews mit älteren Frauen in München, wobei die Innensichten und Selbstbilder durch Außensichten - teilnehmende Beobachtungen im alltäglichen Lebensumfeld - ergänzt werden. Die Interviews werden zu Fallporträts verdichtet und dabei werden Prekarisierungserfahrungen in ihrer Verwobenheit mit makrostrukturellen Problemlagen (umgebauter Sozialstaat, demografischer Wandel, Singularisierung des Alters) dargestellt. Ziel ist es, die oft polarisierenden Altersbilder – Drohszenarien von Altersarmut einerseits und „Active Ageing“ als neuer Altersprogrammatik und ökonomischer Ressource andererseits – zu ersetzen durch einen differenzierten Blick auf die im Alltag entwickelten Taktiken, Praktiken und Kompetenzen von Frauen im Rentenalter, um so, auch gerade für die soziale Arbeit und Politik, ein vielschichtiges und akteursnahes Bild weiblichen Alter(n)s zu zeichnen.


Die europäisch ethnologische Arbeitsforschung kann hier praxeologische Ansätze liefern, um den Blickwinkel von der Strukturanalyse drohender oder eingetretener Altersarmut auf die alltäglichen Formen ihrer aktiven Bearbeitung zu erweitern. Ein Arbeitsbegriff, der nicht auf Erwerbsarbeit verkürzt ist, ist hier hilfreich, um Formen von (Re-)Produktionsarbeit, Tauschökonomien, Subsistenz, Tätigkeits- und Einkommensbricollagen, mit in die Untersuchung hineinzunehmen. Mit dieser neuen thematischen Facette arbeitsethnografischer und biografischer Forschung wird dazu beigetragen, eine Ethnografie des Alter(n)s in der Europäischen Ethnologie zu etablieren. (Abstract)

 

Projektleiterin:
Prof. Dr. Irene Götz
irene.goetz@lmu.de

 

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin:
Alex Rau, M.A.
a.rau@ekwee.uni-muenchen.de

 

in Zusammenarbeit mit:
Dr. Esther Gajek (Vergleichende Kulturwissenschaft, Universität Regensburg)
esther.gajek@ur.de

Marcia von Rebay, B.A.
marcia.rebay@gmail.de

Petra Schweiger, M.A.
petra.schweiger@campus.lmu.de

Noémi Sebök-Polyfka, M.A. (Stipendiatin der Heinrich Böll Stiftung)
noemi.seboek@campus.lmu.de

 

Projektpublikationen

Bücher

Wissenschaftliche Beiträge

  • 2023: Irene Götz und Esther Gajek: Zwischen Freiheit und Endlichkeit. Zeitvorstellungen und -strategien im Alter. Einleitung zum Panel „Zeitvorstellungen und –Strategien im Alter“. In: Manuel Trummer et al. (Hg.): Zeit. Zur Temporalität von Kultur. Münster, New York: Waxmann 2023, S. 270-272.
  • 2023: Irene Götz, Petra Schweiger: Die letzten Dinge – Wie sich Frauen im prekären Ruhestand (nicht) mit ihrer Zukunft beschäftigen. In: Manuel Trummer et al. (Hg.): Zeit. Zur Temporalität von Kultur. Münster, New York: Waxmann 2023, S. 272-283.
  • 2023: Irene Götz, Petra Schweiger: Micro-Practices of Domestic Living. The Self-Care of Older Women in Precarious Circumstances. In: Anthropological Journal of European Cultures 32, No.1: 15-40.doi: 10.3167/ajec.2023.320103 https://www.berghahnjournals.com/view/journals/ajec/32/1/ajec320103.xml?ArticleBodyColorStyles=full-text
  • 2022: Irene Götz (zus. Mit Esther Gajek): “Alters-Coolness”, “Alters-Arrangements” und “Stress im Alter“ – Prekäres Alter(n) von Frauen mit kleiner Rente. In: Jablonowski, Maximilian, Valerie Keller, Simone Stiefbold, Malte Völk (Hg.): Analytische Fantasie. Von narrative Welten zum guten Altern. Eine Festschrift für Harm-Peer Zimmermann. Marburg, S. 40-52.
  • 2021: Irene Götz und Petra Schweiger: „Das Leben ist eigentlich gelaufen für mich.“ Biografische Dispositionen weiblicher Altersarmut. In: Kultur - Alltag - Wissenschaft. Durch leben wandeln. Neuere biografische Forschungen, 2021/8, S. 137-160.
  • 2020: Irene Götz, Petra Schweiger: „Ich bin nur am Arbeiten und Schauen, wie ich gut oder billig lebe.“ Alltägliche Lebensführung im Alter im Kontext weiblicher Biografien. In: Jochum, Georg u.a.(Hg.): Transformationen alltäglicher Lebensführung. Konzeptionelle und zeitdiagnostische Fragen. Weinheim, Basel: Beltz, S. 218–240.
  • 2019: Götz, Irene: Altersarmut – wie es zu genderspezifischer Ungleichheit kommt und wie betroffene Frauen damit umgehen. In: Wolfgang Stadler (Hg): Keine Zukunft ohne Soziale Arbeit. (TUP. Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit  Sonderband 2019).Weinheim: Beltz Juventa, S. 82-89.
  • 2019: Götz, Irene: Hauptsache zurechtkommen. In: forschung. Volume 44/1. DFG-Magazin, S. 6-11.
  • 2019: Götz, Irene: Wenn der Renteneintritt bedeutet, bei der Tochter im Flur zu schlafen. Gastbeitrag in ZEIT Online, 21.3.2019.
  • 2019: Götz, Irene: Altersarmut, weiblich. Wenn die Rente nicht zum Leben reicht. In: Marion Hamm u.a.(Hg.): Widerständigkeiten des Alltags. Beiträge zu einer empirischen Kulturanalyse. Für Klaus Schönberger zum 60. Geburtstag. Klagenfurt: Drava Verlag, S. 66-72.
  • 2019: Götz, Irene: Leben und Wirtschaften im Alter. Wie Frauen im prekären Ruhestand über die Runden kommen. In: Braun, Karl u.a. (Hg.): Wirtschaften. Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Marburg: Online-Schriften aus der Marburger kulturwissenschaftlichen Forschung und Europäischen Ethnologie, Sonderband, S. 125 –142.
  • 2019: Rau, Alex: Altersarmut. In: Gender Glossar / Gender Glossary (5 Absätze). Verfügbar unter http://gender-glossar.de
  • 2018: Gajek, Esther; Götz, Irene; Rau, Alex; Schweiger, Petra (2018): Weibliche Prekarität im Alter. Aspekte von Gleichheit und Ungleichheit. In: Kuckuck 2/2018 (Gleichheit), S. 38-42.
  • 2018: Götz, Irene; Schweiger, Petra: „Gott, was kommt jetzt daher?“ Wie sich ältere Frauen in prekären Lagen um ihre Zukunft sorgen. In: H.P. Zimmermann (Hg.): Kulturen der Sorge. Wie unsere Gesellschaft ein Leben mit Demenz ermöglichen kann. Frankurft/M.: Campus, S. 283-312.
  • 2018: Schweiger, Petra: Bewegung im (außer-)häuslichen Nahraum mit körperlichen Einschränkungen – Eine Mobilitätspraxis als Fallbeispiel für ein Arrangement von Alltagsbewältigung. In: Wöehlke, Sabine; Anna Palm, Anna (Hg.): Mensch-Technik-Interaktion in medikalisierten Alltagen. Göttinger Studien zur Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie, Band 4. Universitätsverlag Göttingen, S. 105-116.
  • 2017: Götz, Irene: Stil und Stilisierung im prekären Ruhestand oder wie ältere Frauen ihr kulturelles Kapital ökonomisieren. In: Ove Sutter, Valeska Flor (Hg.): Ästhetisierung der Arbeit. Empirische Kulturanalysen des kognitiven Kapitalismus. (Bonner Beiträge zur Alltagskulturforschung, 11). Münster u.a.: Waxmann Verlag, S. 105-120.
  • 2017: Götz, Irene; Rau, Alex: Facetten weiblichen Alter(n)s – zur Einführung. In: Dies. (Hg.): Facetten des Alter(n)s. Ethnografische Porträts über Vulnerabilitäten und Kämpfe älterer Frauen (Münchner Ethnographische Schriften, Band 25). München: Herbert Utz Verlag, S. 9-31.
  • 2017: Götz, Irene; Gajek, Esther; Rau, Alexandra; Schweiger, Petra: Prekärer Ruhestand - Arbeit und Lebensführung von Frauen im Alter. In: Cordula Endter; Sabine Kienitz (Hg.): Alter(n) als soziale und kulturelle Praxis. Ordnungen – Beziehungen – Materialitäten. (Aging Studies, Band 10). Bielefeld: transcript Verlag, S. 55-80.
  • 2017: Rau, Alex: Alter(n) und Geschlecht im Spiegel feministischer Kapitalismuskritik. Eine prekarisierungstheoretische Analyse. In: Denninger, Tina; Schütze, Lea (Hg.): Alter(n) und Geschlecht. Neuverhandlungen eines sozialen Zusammenhangs. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 71-89.
  • 2016: Götz, Irene; Lehnert, Kathrin: Präventive Vermeidung von Altersarmut. In: Stefan Pohlmann (Hg.): Alter und Prävention, Wiesbaden: Springer, S. 85-104.

Journalistische Beiträge

  • Götz, Irene (2019): Altersarmut – wie es zu genderspezifischer Ungleichheit kommt und wie betroffene Frauen damit umgehen. In: TUP. Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit. Sonderband 2019, hg. Von W. Stadler: Keine Zukunft ohne Soziale Arbeit. Weinheim, S. 82-89.
  • Götz, Irene (2019): Altersarmut. Wie Frauen dagegen ankämpfen. Einblicke in ein Forschungsprojekt. In: welle 3/19 (www.langau.de), S. 5-8.
  • Götz, Irene (2019): Altersarmut von Frauen: Strategien und Sorgen und was diese mit weiblichen Erwerbsbiografien zu tun haben. In: „Frau geht vor“. Infobrief des DFG, online-Ausgabe 1 (2019).
  • Götz, Irene (2019): Hauptsache zurechtkommen. In: forschung. DFG-Magazin 1/2019, S. 6-11.
  • Götz, Irene (2019): Wenn der Renteneintritt bedeutet, bei der Tochter im Flur zu schlafen. Gastbeitrag in ZEIT online, 21.3.2019.
  • Rau, Alex (2019): Was tun, wenn die Rente nicht reicht? Kontakte und Tipps. In: Götz, Irene (Hg.): Kein Ruhestand. Wie Frauen mit Altersarmut umgehen. München: Verlag Antje Kunstmann, S. 261-299.

Interviews & Diskussionsbeiträge: