Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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WP 7. KULTURELLE PRAKTIKEN, REPRÄSENTATIONEN, SYMBOLE

WP 7.1. SEMINAR

DR. DES. MORITZ EGE, / DR. MARTIN LÜTHE (AMERIKANISTIK)
Europa und das „schwarze“ Amerika
2-stündig, Di. 12-14, Oettingenstr. 67, 123

Im Seminar soll das Verhältnis von Europa zur afrikanisch-amerikanischen Diaspora seit dem späten 19. Jahrhundert aus kulturhistorischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet werden. Im Fokus steht die Analyse von Praktiken und Repräsentationen im Spannungsverhältnis von anti-schwarzem Rassismus einerseits und „Afroamerikanophilie“ andererseits. Wie stellt sich die Geschichte der Rezeption und der Aneignung afroamerikanischer kultureller Formen in Europa dar, wie verschränken sich komplexe Austauschprozesse mit einer Migrationsgeschichte, in deren Verlauf territoriale und kulturelle Grenzen untergraben und neu errichtet werden, und wie stellt diese sich aus verschiedenen Perspektiven dar? Behandelt werden u.a. Aspekte von Unterhaltungskultur und -industrie im ersten Jahrhundertdrittel, die US-amerikanische Besatzungszeit in der Bundesrepublik, sozialistischer Internationalismus, subkulturelle Praxis in verschiedenen europäischen Ländern, Diaspora- und Rassismustheorien. Das Seminar wird für Studierende der Volkskunde/Europäischen Ethnologie und der amerikanischen Kulturgeschichte angeboten. (6 ECTS Modulprüfung mit WP 7.2: Hausarbeit oder Klausur, benotet), 

 

WP 7.1. SEMINAR

MANUELA BARTH M.A., DR. BARBARA U. SCHMIDT
Kreativ-Wirtschaft: Arbeitsformen zwischen Selbstentfaltung und Effizienz
2-stündig, Mo. 18-20 Uhr, Geschw.-Scholl Pl. 1,  DZ001

Mit dem Boom der Informations- und Kommunikationstechnologien gehen neue Wirtschaftsbereiche wie Software/ Games, Multimedia, Internetanwendungen ebenso einher wie neue Produktions- und Vertriebsmöglichkeiten für die Bereiche der Kulturwirtschaft.
Durch diese Verknüpfungen von kultureller Produktion mit technologischer, innovativer Kreativität entwickelten sich ambivalente Formen der Arbeit: Für die hier tätigen Akteure bedeuten sie einerseits Möglichkeiten der Selbstverwirklichung und Autonomie aber auch die Gefahr der Selbstausbeutung und Prekarität. Für die Bereiche der kulturellen Produktion selbst bedeuten sie die Chancen zu Vielfalt und Unabhängigkeit, aber auch einen Ökonomisierungsdruck, der in anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (Gesundheit, Soziales) bereits zu einer drastischen Ausrichtung auf die Logiken von Effizienz und Rentabilität geführt hat.
Im Seminar soll zunächst der Begriff der „Kreativität“, seine Entwicklung und Bedeutungsvielfalt, die von  künstlerischem bis zu problemlösenden Handeln reicht, genauer untersucht werden. Mit diesem differenzierten Verständnis von Kreativität ist es anschließend möglich, zu analysieren, welches Selbstverständnis die einzelnen in der Kreativitätswirtschaft tätigen Akteure haben. An konkreten Fallbeispielen wird schließlich untersucht welche Praktiken und Strukturen (z.B. Tauschbörsen, Netzwerke) sie entwickeln und nutzen, um sich in diesen ambivalenten Tätigkeitsfeldern zu behaupten.
Da wir uns dabei am Verständnis von Kreativwirtschaft in Städten orientieren, soll auch in den Blick genommen werden, welche wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Wechselwirkungen hier bestehen und entstehen. Zu fragen ist dabei besonders, welche Stadt-Leitbilder zugrunde liegen, wie kulturelle Dynamiken entstehen und verlaufen. Im Fokus der Untersuchungen wird hier die aktuelle Debatte um das Münchner Kreativquartier stehen (6 ECTS Modulprüfung mit WP 7.2: Hausarbeit oder Klausur, benotet).

 

WP  7.2.  ÜBUNG

DANIEL KUNZELMANN M.A.
Spaß am Widerstand: Kultur, Reproduktion, Soziales
2-stündig, Mi. 12-14, Oettingenstr. 67, C003

Der Kurs konstruiert eine spannende Brücke zwischen ethnographischer Praxisanalyse und kulturwissenschaftlicher Theorievermittlung. Das verbindende Element zwischen den Ebenen „Theorie“ und „Praxis“ wird die intensive Lektüre einer Beispielethnographie bilden: Paul Willis 1977 erschienenes Werk „Spaß am Widerstand – Learning to Labour“ (wahlweise in der deutschen oder englischen Ausgabe). Als Ergänzung zu Willis Ethnographie werden wir uns außerdem einige soziologische, ethnologische und kulturwissenschaftliche Theorien erarbeiten.
In seiner Ethnographie untersucht Paul Willis den konfliktreichen Alltag an einer englischen Schule und beschreibt die dortige Jugendkultur der Arbeiterklasse. Die „Lads“, wie sich eine Gruppe der Schüler selbst nennt, kommen aus Arbeiterfamilien. Sie sind ständig damit beschäftigt ihre strebsamen Klassenkameraden (die Ear’ols) zu provozieren. Schule ist für die „Lads“ vor allem eines: unnötig. Doch Paul Willis bleibt nicht bei einer bloßen Beschreibung kultureller Alltagspraxen stehen. Er liefert uns ein faszinierendes Verständnis sozialer Reproduktionsprozesse: Die beobachteten Verhaltensweisen sind aus Sicht der „Lads“ rational und gerade diese subkulturelle Rationalität ist es, die zur Reproduktion der bestehenden sozialen Gesellschaftsordnung beiträgt. Die „Lads“ haben Spaß am Widerstand. Aus Arbeiterjungen werden Arbeiter. Es ist also die gelebte AlltagsKULTUR der Jugendlichen, die dazu führt, dass Arbeiterkinder nach ihrem Schulabschluss dort enden, wo schon ihre Eltern endeten: an den Fließbändern der Fabriken.
Ist Kultur somit der Schlüssel zum Verständnis der Reproduktion des Sozialen? Gemeinsam mit Euch möchte ich versuchen eine Antwort auf diese spannende Frage zu finden.
Die Prüfung erfolgt durch die Übernahme verschiedener Übungsaufgaben. Die regelmäßige Teilnahme wird vorausgesetzt (3 ECTS, Modulprüfung mit WP 7.1, benotet).


WP 7.2. ÜBUNG

DR. CLAUDIA PREIS / MARTIN JONAS M.A.
bavarian dancefloor. Tanz als Praxis und Medium regionaler Identität
2-stündig, Do. 12-14, Geschwister-Scholl Platz 1, DZ007

Es wird getanzt. Auf Hochzeiten, Festen, in Discotheken, am Strand... und auf Tanzböden. Seit einigen Jahren ist Musik, Kleidung und Tanz, die als bayerisch, traditionell und regionaltypisch identifiziert wird, in. Dies zeigt sich auf der Wiesn, im Hofbräuhaus und auf Tanzveranstaltungen wie dem Kocherlball, Maitänzen und Kathreintänzen, die von Tanzkursangeboten begleitet werden. Neben diesen auch von den Medien stark beachteten Veranstaltungen wird von unterschiedlichen Akteur_innen über Volkstanz diskutiert, Tanzen gelehrt und viel getanzt. Die Auseinandersetzung unterschiedlicher Akteur_innengruppen mit dem Phänomen Volkstanz macht Aushandlungsprozesse – z.b. über Deutungshoheiten – sichtbar. Dieses Spannungsfeld dient der Veranstaltung dazu, das Thema Volkstanz näher zu betrachten.
Die Veranstaltung fokussiert dieses Phänomen über Tanzveranstaltungen in und um München. Wir werden uns anhand von drei Zugriffsebenen dem Thema (Volks)tanz annähern: Konkrete Praxen unterschiedlicher Gruppen und deren Sichtbarkeit/Abwesenheit, historische und gegenwärtige (wissenschaftliche) Auseinandersetzung der (angewandten) Volkskunde und aktiven Gruppen und schließlich empirische Feldforschung bei Tanzveranstaltungen in und um München. Dabei wird medien- und diskursanalytisch gearbeitet, teilnehmend beobachtet und die Rolle von Wissenschaft und Forschenden im Feld und ihre Rückwirkungen darauf reflektiert.
Verpflichtend ist über die Seminarstunden hinaus die Teilnahme an Tanzveranstaltungen wie dem Kocherlball im Englischen Garten (15.07.2012).

(3 ECTS, Modulprüfung mit WP 7.1: Hausarbeit oder Klausur, benotet).

Einführende Literatur: Hoerburger, Felix: Volkstanzkunde. Probleme der systematischen Beobachtung, Sammlung, Ordnung und Erforschung von Volkstänzen. Band I bis IV Kassel u.a. 1961-964 Walsdorf, Hanna: Bewegte Propaganda: politische Instrumentalisierung vonVolkstanz in den deutschen Diktaturen. Würzburg 2010