Institut für Empirische Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie
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Mobile Arbeit

Lernforschungsprojekt „Mobilität und Arbeit“
Projektleitung: Prof. Dr. Irene Götz unter Mitarbeit von Sarah Braun M.A. und Miriam Gutekunst M.A.
Zeitraum: SoSe 2011 – SoSe 2012

(Im-)Mobilisierte Alltage. Die neue Beweglichkeit und ihre Grenzen

„Mobilität“ ist einer der zentralen Begriffe der Moderne. Blickt man zurück in die Geschichte, waren Menschen und Waren schon immer mobil. Doch Mobilität erhält in der heutigen Zeit eine neue Dimension. Durch eine verbesserte weltweite Infrastruktur im Transport und neuen Technologien in der Kommunikation hat sich die Beziehung zwischen Raum und Zeit drastisch verändert. In Sekundenschnelle rasen Bilder, Daten, Geld und Gedankengut um die Welt und innerhalb weniger Stunden sind Menschen auf der anderen Seite des Globus. Im Zusammenhang mit der Transformation in der Wirtschafts- und Arbeitswelt hat sich ein Mobilitätsimperativ herausgebildet. Mobil zu sein gilt dabei als wichtige Schlüsselqualifikation. Im gesellschaftlichen Diskurs wird Mobilität als nützlich und profitabel angesehen und steht für Freiheit und Freizügigkeit. Doch durch diese Normativität der Mobilität entstehen gleichzeitig Zwänge und globale Hierarchien. Einerseits eröffnen sich neue Horizonte und lassen die Welt im Sinne eines „global village“ zusammenrücken. Andererseits führt der Mobilitätsimperativ für viele Menschen zu einer Unsicherheit in der langfristigen Lebensplanung und zwingt sie zu neuen Lebensformen. Außerdem stehen Machtstrukturen hinter Mobilität: bestimmte Bevölkerungsgruppen werden mobilisiert, andere wiederum immobilisiert.

Im Rahmen des Lernforschungsprojekts haben wir uns mit verschiedenen Konzepten und Theorien aus der Mobilitäts- und Arbeitsforschung beschäftigt und daraus eigene Forschungsprojekte entwickelt. Die Studierenden näherten sich dabei auf unterschiedlichste Weise dem Themenkomplex „Mobilität und Arbeit“ an. Das Spektrum der Felder reicht von der Verflechtung von Mensch und Technik, über mobile Arbeitspraxen, Nachhaltigkeitsdiskurse und neu entstehende Formen der Fortbewegung bis hin zu der Auseinandersetzung mit der Immobilisierung durch Grenzregimes.

Wie Berufsschüler sich konkret mit einem Mobilitätsimperativ konfrontiert sehen und damit umgehen, stellt eine der Perspektiven dar, die man in Bezug auf Mobilität und Arbeit einnehmen kann. In einem anderen Forschungsansatz, den zwei der Studierenden verfolgten, stehen Erfahrungen mit Grenzen und Immobilisierung im Mittelpunkt und es wird dabei ein Einblick in den Alltag binationaler Paare und Asylsuchender in München ermöglicht. Für diese Menschen nimmt Mobilität einen ganz anderen Stellenwert ein, als zum Beispiel für Berufstätige, die sich eine mobile Massage an den Arbeitsplatz „bestellen“. Neben dem beruflichen Alltag von mobilen Masseuren und ihren Kunden, wurde auch die Arbeitswelt von sogenannten „Sozialunternehmern“ erforscht und der Frage nachgegangen, mit welchen Praktiken institutionelle Akteure den Sozialunternehmer als idealtypische Leitfigur festschreiben und mobilisieren. Ebenfalls in einem Diskurs um Nachhaltigkeit sind neue Mobilitätspraxen wie das Car-Sharing beleuchtet worden. Auch die Nutzung eines Smart-Phones, das für den Besitzer möglicherweise zu einem treuen Begleiter wird, macht auf eine neue Weise mobil.

Genauso wie die Zugänge zum Thema variieren die Ergebnisse dieses Lernforschungsprojektes: Aus manchen Projekten entstanden Magisterarbeiten, aus anderen Essays oder Reportagen. Wir laden auf dieser Seite zu einem Rundgang durch Mobilitätspraxen, Verortungen, Arbeitswelten und Konfrontationen ein. Sie zeigen, wie sich gesellschaftliche Imperative und institutionelle Strukturen auf den unterschiedlichen Akteursebenen manifestieren, wie sich die Akteure innerhalb dieser positionieren und sie gleichzeitig neu verhandeln.